Ihr könnt nicht aussehen wie euer gefiltertes Foto
bild.de, 31.Mai 2023, von Jana Quoos
„Zu uns kommen immer mehr junge Menschen, die aussehen möchten wie ein gefiltertes Foto“, erklärt die Vereinigung der Ästhetisch-Plastischen Chirurgen Deutschlands. Die Experten warnen: Das ist anatomisch und auch ethisch meist gar nicht umsetzbar.
„Wir sehen überall schöne Gesichter, makellose Körper“, so Dr. Karl Schuhmann, Plastischer Chirurg, aus Düsseldorf. Auch wenn sie nicht echt seien, entstehe gerade ein großer, kollektiver Druck, etwas an sich machen zu lassen.
Volle Lippen, größere Wangenknochen
Viele seiner jüngeren Patientinnen (vor allem Frauen) im Alter von 20 bis 25 Jahren kommen zuerst mit dem Wunsch nach vollen Lippen. Oft werde dann ein Verschmälern des Gesichts gewünscht, erklärt Dr. Schuhmann: „Häufig geht es auch um die Konturierung des Jochbein-Bogens.“
Und genau das machen die meisten Filter mit einem Gesicht!
„Als Ärzte und Behandler stehen wir in der Verantwortung“, so der Experte. Kommen junge Menschen mit einem Foto, das bearbeitet wurde, in seine Praxis, müsse er größtenteils erklären, dass das so im wahren Leben nicht funktioniere.
Dr. Schuhmann: „Viele der geäußerten Wünsche sind schablonenhaft und nicht passend zum eigenen Gesicht, bis hin zu unrealistisch und medizinisch-anatomisch nicht sinnvoll.“ Ein Filter sei zunächst immer nur ein Modell, auch wenn er noch so „echt“ aussehe.
„Das ist ja erst mal nichts Schlechtes an sich“, sagt der Chirurg. Jedoch müsse die gewünschte Veränderung nicht nur anatomisch, sondern auch zum Typ passen. Jedes Gesicht sei individuell und habe seine ganz spezifischen Merkmale, in denen sich die Persönlichkeit spiegele.
Dr. Schuhmann: „Somit stoßen viele Korrekturwünsche, wenn sie sich zu sehr an vorgefertigten Schönheitsidealen orientieren, schnell an ihre Grenzen, ästhetisch und medizinisch.“
Besonders zweifelhaft: Fett aus den Wangen entfernen
Eine Operation lehnt der erfahrene Chirurg immer ab: das „Buccal Fat Removal“. Damit ist die bei Hollywood-Stars gerade angesagte Entfernung von Wangen-Fett gemeint.
Bei diesem operativen Eingriff wird Fettgewebe an den Innenseiten der Wangen, also im Mundraum, operativ entfernt. Die Wangenknochen treten dann stärker hervor. Das Gesicht erscheint schmaler und markanter.
Dr. Schuhmann: „Dieser Eingriff lässt sich nicht rückgängig machen. Es werden Fettzellen dauerhaft und unwiederbringlich entfernt. Und wenn man altert, verliert man zusätzlich noch Fettgewebe, sodass man dann in späteren Jahren deutlich älter wirkt, als man ist.“ Asymmetrien (Unregelmäßigkeiten) im Gesicht seien bei diesem Eingriff ebenfalls keine Seltenheit.
Immer mehr Menschen wollen „gefiltert“ aussehen
Der Wunsch, sich zu verändern, um in die vermeintlich neue Welt zu passen, sei explodiert, sagt Dr. Rolf Bartsch, plastischer Chirurg aus Wien. Zu ihm kommen sogar Frauen und Männer bis 60 Jahre, die auf Facebook ständig gefilterte Fotos sehen. „Die sozialen Medien verändern unsere Wahrnehmung. Wir haben gar keinen Einfluss darauf“, warnt Dr. Bartsch.
Sein Rat: Am besten nicht mehr als 20 Minuten täglich in den sozialen Medien surfen. Dafür: „Mehr Zeit draußen verbringen, Freunde treffen, damit das Gehirn echte Menschen als normal abspeichert.“
Auch die Vereinigung der Ästhetisch-Plastischen Chirurgen Deutschlands warnt vor massiver Filternutzung, da das spätestens beim Blick in den Spiegel zur Unzufriedenheit mit dem eigenen Äußeren führen könne.Ernsthafte, psychologische Probleme wie die Dysmorphophobie (Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers) seien nicht ausgeschlossen.
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